Lions Distriktversammlung 2024 in Burghausen - Altötting-Burghausen
Von Mikroplastik bis Energieerhaltung
„Ökologie, Ökonomie, Gesellschaft – Wie gelingt der generationsübergreifende Konsens beim Thema Nachhaltigkeit?“ So lautete der Titel eines öffentlichen Forums am Samstag im Burghauser Bürgerhaus. Das Thema klang akademischer, als es letztendlich war. Das lag auch am „Stargast“ des Nachmittags: Andreas Fath, der „schwimmende Professor“.
Die Veranstaltung mit rund 200 Teilnehmern fand im Rahmen der Südbayerischen Distriktversammlung des Lions Clubs statt. Organisiert hatte sie das Activity Hilfswerk Lions Club Altötting-Burghausen e.V. Von 12 bis 14 Uhr gab es im Foyer ein „Meet and Greet“ mit zwanglosen Gesprächen, eingebettet in einen „Markt der Möglichkeiten“. Dieser bestand aus Info-Ständen. Dabei waren auch vier Schulen aus der Region, die mit Unterstützung des Lions Clubs „nachhaltige“ Projekte verwirklicht hatten. Für die musikalische Umrahmung sorgte das Jazz-Trio Wolfgang Hanninger (Saxophon), Diego Riedemann (Gitarre) und Ludwig Leininger (Bass).
Zum Auftakt des Forums stellten Schüler und Lehrerinnen auf der Bühne ihre Langzeit-Projekte vor: Das Antoniushaus Marktl hatte einen Schulacker bewirtschaftet und dort Gemüse geerntet. Die Produkte wurden zu Speisen verarbeitet, die Reste kompostiert. Die Schüler der Weiß-Ferdl-Mittelschule Altötting hielten fünf Hühner verschiedener Rassen. Ihre Eier fanden Abnehmer und auch über artgerechte Tierhaltung lernten die Kinder viel. Die Hans-Kammerer-Grundschule Burghausen gründete ein Kinderparlament, das Projekte initiierte oder bei ihnen mitreden durfte. Die „Arbeitsgemeinschaft gute Tat“ rief die Johannes-Hess-Grundschule Burghausen ins Leben und besuchte regelmäßig das AWO-Seniorenheim.
Im Anschluss folgte der Impulsvortrag von Professor Dr. Andreas Fath. Der preisgekrönte Chemiker und Buchautor durchschwimmt Flüsse – aber nicht von Ufer zu Ufer, sondern in ihrer ganzen Länge. Auf seiner Liste stehen bereits der Rhein, die Elbe, die Donau und der Tennessee River in den USA. Dr. Fath tut das nicht aus sportlichem Ehrgeiz, vielmehr will er damit zeigen, wie verschmutzt die Gewässer sind. Seine Aktionen erzeugten internationales Aufsehen. Sie waren Anstoß zu weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich Mikroplastik und beeinflussten auch politische Entscheidungsträger. Und er kennt sich aus mit der Materie, denn an der Hochschule Furtwangen forscht er an Umwelttechnik, Wasseraufbereitung, Wasseranalytik, Materialanalyse und Oberflächentechnik.
Auf Bildern zeigte er vermüllte Strände und belegte an Zahlen, wie viel Plastik bereits in den Meeren schwimmt. Tiere nehmen es mit der Nahrung auf. Über sie gelangen die Stoffe in den Menschen. Pro Woche sollen es fünf Gramm Mikroplastik sein, die unsereins zu sich nimmt – und nicht alles kommt unten wieder heraus.
Selbst in Gegenden, die als sauber gelten, finde man fein zerriebenen Kunststoff – etwa in Gletscherseen. Zwischen 1950 und 2015 wurden weltweit 6,3 Milliarden Tonnen Plastik erzeugt – 79 Prozent davon sind immer noch vorhanden, bemerkte Dr. Fath. Er gab zu, dass seine medienwirksamen Reinigungsaktionen mit Schulen an Flüssen das Problem nicht beheben könnten. Sie würden aber zum Umdenken führen.
Im Anschluss moderierte Dr. Peter Gigler, Leiter der Nachhaltigkeitsabteilung bei der Wacker Chemie, eine Podiumsdiskussion zu den eingangs genanntem Thema. Künstler Markus Heinsdorff, der sich mit nachhaltigen Umwelt- und Sozialthemen beschäftigt, bestätigte, dass die Kunst ein „Kreativmotor“ für die Wissenschaft sein könne. Es gelinge ihm, Menschen für nachhaltiges Denken zu sensibilisieren. Der „schwimmende Professor“ hielt es für wichtig, mit gutem Beispiel voranzugehen. Das finde Nachahmer. Prof. Dr. Jan Lücken, der an der Technische Hochschule Rosenheim einen Lehrstuhl für Business Economics hat, sah es pragmatisch: Den „ökologischen Trümmerhaufen“ dieser Welt werde man nicht mehr abtragen können. Jedoch sei das kein Grund, zu resignieren, denn „die heutige Jugend hat Ressourcen wie nie zuvor“. Weniger Konsum ist für ihn keine Lösung. Besser wäre es, aus den vorhandenen Bedingungen das Beste zu machen. Dr. Andreas Fath schlug vor, Firmen nicht nur nach Umsatzzahlen zu bewerten, sondern ihnen auch eine Art „Nachhaltigkeits-Bonus“ zu gewähren.
Dr. Hartel, CEO der Wacker Chemie AG, sagte, dass die Erzeugung nachhaltiger Produkte enorm viel Energie erfordere, doch ihr Nutzen um ein Vielfaches höher sei. Er glaube an technologische Lösungen für die aktuellen Probleme. Die Politik solle für gute Rahmenbedingungen sorgen und sich mit Regulierungen zurückhalten, denn der Wohlstand beruhe auf der freien Marktwirtschaft. Dies bedeute: „Firmen müssen Geld verdienen.“
Um in der Bevölkerung Akzeptanz für Nachhaltigkeit zu schaffen, brauche es Bildung und Aufklärung, so Dr. Fath. Dr. Hartel verwies auf den Energieerhaltungssatz der Physik: Im Prinzip gehe nichts verloren. Die Sonne sei ein riesiges Kraftwerk und müsse genutzt werden. Für ihn ist Nachhaltigkeit „kein Widerspruch zu einem guten Leben“. Abschließend übergab Dieter Gilles, Vorstand des Activity Hilfswerks, eine Spende von 5000 Euro an Professor Fath zur Unterstützung seiner Projekte.
Videobeitrag auf rfo. >> Lions Club diskutiert über Nachhaltigkeit << .